Altstaehle Im Stahlwasserbau
Altstaehle Im Stahlwasserbau
Altstähle im Stahlwasserbau
1 Einleitung
Stahlwasserbauverschlüsse sind sehr robuste Konstruktionen, die nach aktuellem Regelwerk für
eine Lebensdauer von 70 Jahren ausgelegt werden. Auch in der Vergangenheit wurden die Ver-
schlüsse so konstruiert, dass hohe Lebensdauern erreicht werden. Viele Verschlüsse aus den
1920er und 1930er Jahren sind heute noch in Betrieb. Bei der Zustandsbeurteilung und der Ab-
schätzung der Restnutzungsdauer dieser teilweise über 90 Jahre alten Konstruktionen spielt die
Bewertung des eingesetzten Stahls eine entscheidende Rolle.
Das bei der BAW intern im Entwurf befindliche Merkblatt „Bewertung der Tragfähigkeit bestehen-
der Verschlüsse im Stahlwasserbau (TbVS)“ behandelt im Abschnitt 3.3 das Thema Werkstoffe. Im
Vortrag „Altstähle im Stahlwasserbau“ wird ein Überblick über die in der Vergangenheit eingesetz-
ten Stahlsorten und deren Besonderheiten geliefert. Die Altstähle betreffende Inhalte und Rege-
lungen des Merkblatt-Entwurfes TbVS werden vorgestellt und erläutert. Wesentliche Punkte sind
der Einfluss der chemischen Zusammensetzung sowie die mechanischen Kennwerte.
2.1 Altstahl
Eine exakte Definition für den Begriff Altstähle ist nicht bekannt. Die Abgrenzung von „Altstählen“
gegenüber „Neustählen“ kann nach folgenden Kriterien erfolgen:
Altstähle sind hergestellt nach alten, heute nicht mehr gültigen Normen und Gütevorschrif-
ten (im Merkblatt-Entwurf TbVS: vor Einführung der DIN 17100 im Jahr 1957)
Qualitätsanforderungen bzw. Abnahmekriterien waren bei Altstählen niedriger als heute
Altstähle wurden mit alten, heute nicht mehr eingesetzten Herstellungsverfahren hergestellt
Zur Beurteilung von Altstählen ist die Kenntnis der zur Herstellungszeit gültigen Gütevorschriften
erforderlich. Bei der Erstellung des Merkblatt-Entwurfes TbVS wurden die relevanten Normen und
Regelwerke durch die BAW recherchiert. Wesentliche Inhalte wurden in den Entwurf übernommen,
so dass in vielen Anwendungsfällen der Einsatz des Merkblattes ausreichend ist. Weiterhin enthält
der Merkblatt-Entwurf in der Anlage eine Auflistung wichtiger Regelwerke in zeitlicher Abfolge.
Im Entwurf des Merkblattes erfolgt eine Differenzierung der Werkstoffe nach Stahlsorte und/oder
Herstellungszeitraum. Die im Stahlwasserbau hauptsächlich eingesetzten Stähle werden nachfol-
gend näher beschrieben. Es sind in Bezug auf die Werkstoffauswahl für den Stahlwasserbau keine
speziellen Güteanforderungen bekannt. Es wurden die Regelungen aus dem Brücken- bzw. Hoch-
bau angewendet.
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Puddeleisen ist nicht zum Schmelzschweißen geeignet, da es in hohem Maße durch im Material
enthaltene Schlacke verunreinigt ist.
Die hauptsächlich im Stahlwasserbau eingesetzten Altstähle sind Flusseisen bzw. Flussstahl. Bis
1924 wurden die Bezeichnungen Flusseisen und Flussstahl parallel verwendet. Die Eigenschaften
und Lieferqualitäten waren über die „Vorschriften für die Lieferung von Eisen und Stahl“, heraus-
gegeben vom Verein deutscher Eisenhüttenleute (letzte Auflage 1911) sowie durch die sogenann-
ten Normalbedingungen geregelt (Helmerich, 2005).
1924 wurden diese Regelwerke durch DIN-Normen (z. B. DIN 1612 für Formstahl, Flachstahl,
Breitflachstahl (Walzprofile), DIN 1620 bzw. DIN 1621 für Stahlbleche) abgelöst. Ab diesem Zeit-
punkt spricht man nicht mehr von Flusseisen sondern einheitlich von Flussstahl.
Auf die mechanischen Werkstoffkennwerte der Flussstähle wird nachfolgend im Abschnitt 4 näher
eingegangen. Für Flussstahl der niedrigsten Güte St00.12 (Handelsgüte) bzw. St00.21 waren nach
den entsprechenden Gütenormen der Herstellungszeit keine mechanischen Kennwerte nachzu-
weisen. Stähle, die die Abnahmekriterien für einen St37 nicht erfüllten, konnten z. B. als Handels-
güte in den Verkehr gebracht werden. Diese Stähle wurden im Regelfall im Stahlwasserbau nicht
eingesetzt. Werden sie im Einzelfall dennoch vorgefunden, ist keine allgemeingültige Aussage zu
den Materialkennwerten möglich. Diese müssen für den Einzelfall experimentell bestimmt werden.
Die Anforderungen an Flusseisen/Flussstahl wurden über die Zugfestigkeit und die Bruchdehnung
definiert. Anforderungen an die chemische Zusammensetzung sind als Abnahmekriterium lange
Zeit nicht enthalten und wurden erst bei Neubearbeitung der Regelwerke ab Ende der 1930er Jah-
re eingeführt. Daher muss die Beurteilung der Schweißeignung nach der tatsächlichen Zusam-
mensetzung im Einzelfall erfolgen.
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Maschinenbaustähle (Flussstahl, geschmiedet oder gewalzt) sind in DIN 1611 genormt. Für die
höherfesten Güten St 50.11 bis St 70.11 sollten die Werkstoffkennwerte über Zugversuche be-
stimmt bzw. abgesichert werden. Ist das, z. B. auf Grund der Bauteilgröße, nicht möglich, muss
eine Abschätzung durch erfahrene Experten erfolgen. Für die Sollzugfestigkeiten werden in der
DIN 1611 Bandbreiten angegeben. Für die Streckgrenze sind in der Norm keine Vorgaben enthal-
ten. Hier ist man auf Erfahrungswerte von anderen Bauwerken angewiesen. Erschwerend kommt
hinzu, dass bei diesen vergütbaren Stählen die Materialkennwerte maßgeblich vom Vergütungszu-
stand abhängen.
Im Zeitraum vor 1957 wurden bereits verschiedene, höherfeste Flussstähle hergestellt, die nicht in
den zur Herstellungszeit gültigen Stahlgütenormen enthalten waren. Im Stahlwasserbau wurden
davon vereinzelt St48 und St52 eingesetzt.
Die Baustähle aus der ehemaligen DDR sind den Werkstoffen aus der Bundesrepublik sehr ähn-
lich. Welche Stähle im DDR-Stahlbau eingesetzt werden durften, war in der TGL 13500 festgelegt.
Im Abschnitt 4 sind Angaben zu den Festigkeitskennwerten dieser Stähle enthalten.
Die Baustähle nach TGL 7960 waren in drei Gütegruppen eingeteilt, für die unterschiedliche An-
forderungen an die Vergießungsart und die Reinheit (S- und P-Gehalte) gestellt wurden. Sind an
diesen Stählen Schweißungen geplant und liegen keine verlässlichen Angaben über die eingesetz-
te Gütegruppe vor, muss die Schweißeignung überprüft werden. Für genietete und geschraubte
Konstruktionen wurde häufig die Gütegruppe 1 eingesetzt. Dieses Material weist meistens keine
ausreichende Schweißeignung auf. Weitere Hinweise zur Werkstoffauswahl liefert die TGL 12910
„Werkstoffwahl für Konstruktionen aus Baustahl“.
2.3 Verbindungsmittel
Die Werkstoffe und Abmessungen von Nieten und alten Schrauben wurden recherchiert. Die für
eine Nachrechnung wesentlichen Angaben, insbesondere charakteristische Festigkeitswerte, sind
im Merkblatt-Entwurf TbVS enthalten.
Für Bauteile aus St37 wurde der Nietwerkstoff St34 bzw. St36 und für Bauteile aus St52 der Niet-
werkstoff St44 eingesetzt. Nieteisen ist bis 1954 in der DIN 1613 genormt. Diese wird 1954 durch
die DIN 17110 ersetzt. Mit Einführung der DIN 17111 (Ersatz für DIN 17110) im Jahr 1968 entfällt
der Nietstahl St34 und wird durch einen St36 abgelöst. Der DDR-Nietstahl war in der TGL 6545
genormt.
Für Niete, bei denen es auf Dichtigkeit ankommt, werden im Stahlwasserbau meist Halbrundniete
nach DIN 123 verwendet.
Für Niete aus St34 und St36 können in Berechnungen für die Zugfestigkeit Rm=330N/mm2 und für
die Streckgrenze ReH=205N/mm2 als charakteristische Werte angesetzt werden.
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Für Niete aus St44 können in Berechnungen für die Zugfestigkeit Rm=440N/mm2 und für die
Streckgrenze ReH=250N/mm2 als charakteristische Werte angesetzt werden.
Die Nachfolgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung der in der ehemaligen DDR eingesetz-
ten Nietstähle sowie deren mechanischen Kennwerte:
Wurden in Altstahlkonstruktionen Schrauben eingesetzt, dann waren diese meistens St38.13. Für
diese Schrauben können in Berechnungen für die Zugfestigkeit Rm = 370 N/mm2 und für die
Streckgrenze ReH = 225 N/mm2 als charakteristische Werte angesetzt werden.
Zugfestigkeit Rm (fu) 340 340 340 400 500 500 600 600 600 800 1000 1200
Streckgrenze ReH (fy) 200 210 210 320 280 400 360 480 540 640 900 1080
Tabelle 2: Charakteristische Werte der Zugfestigkeit und Streckgrenze [N/mm2] für Schrauben
nach alten Festigkeitsklassen
Können Schrauben nicht eindeutig einer Festigkeitsklasse zugeordnet werden, dürfen für Berech-
nungen nur die mechanischen Kennwerte der Festigkeitsklassen 4D berücksichtigt werden. Alter-
nativ ist eine Bestimmung der charakteristischen Werkstoffkennwerte über mechanische Versuche
möglich.
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Bereits 1931 war das Schweißen im Stahlbau über die DIN 4100 geregelt (Klöppel, 1934). In die-
ser Norm wird der Einsatz geprüfter Schweißer und die Überwachung der Arbeiten durch einen
Fachingenieur gefordert. Die Schweißerprüfungen waren mit gleichen Verfahren und gleichem
Zusatzwerkstoff auszuführen, wie die geplanten Schweißungen am Bauwerk. Die Prüfstücke wur-
den mittels zerstörender Prüfungen (Zugversuch, Faltversuch) untersucht. An Probekörpern aus
Stumpfnähten musste nachgewiesen werden, dass die Festigkeit der Schweißverbindung der des
Grundmaterials entspricht. Analog dazu gab es Festlegungen für die Prüfung der Festigkeiten an
Kehlnähten.
3 Chemische Zusammensetzung
Zur Beurteilung der Eigenschaften von Altstählen, die vor 1957 hergestellt wurden, ist die Kenntnis
der chemischen Zusammensetzung, aus der u. a. das Herstellungsverfahren (Stroetmann et al.
2009) und die Vergießungsart ableitbar sind, maßgeblich. Die chemische Zusammensetzung sollte
durch Materialanalysen ermittelt werden. Diese können sowohl durch Nassaufschlüsse an gewon-
nenen Spänen als auch zerstörungsfrei mittels Spektrometer erfolgen.
Die im Stahlwasserbau eingesetzten alten Flussstähle wurden meistens im Thomas- oder im Sie-
mens-Martin-Verfahren hergestellt. Moderne Baustähle werden heute mit anderen Verfahren her-
gestellt. Das spiegelt sich auch in der chemischen Zusammensetzung wieder und ist der wesentli-
che Grund dafür, dass die Altstähle einer differenzierten Betrachtung bedürfen.
Alte Flussstähle, insbesondere die, die im Thomas-Verfahren hergestellt wurden, weisen bedingt
durch das Herstellungsverfahren häufig erhöhte Stickstoffgehalte auf, die zur Alterung des Stahls
führen. Dadurch werden die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Werkstoffzähigkeit
und damit die Sprödbruchneigung, negativ beeinflusst.
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Altstähle wurden häufig unberuhigt vergossen und weisen ausgeprägte Seigerungszonen auf
(Lüddecke, 2006). Bei den Materialanalysen ist zu berücksichtigen, dass daraus z. T. erhebliche
Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der alten Stähle zwischen Profiloberflächen
und Kernbereich resultieren. Das betrifft insbesondere die Elemente Schwefel, Phosphor und Koh-
lenstoff.
Sind an Flussstählen Schweißarbeiten geplant, ist eine vorherige Beurteilung der Schweißeignung
des betreffenden Stahls auf Grundlage der chemischen Zusammensetzung notwendig. Erhöhte
Konzentrationen an Phosphor und/oder Schwefel führen nicht selten dazu, dass diese Stähle nicht
scheißgeeignet sind.
Bei spektrometrischen Vor-Ort-Analysen an der Stahlkonstruktion, können meist nur die Zusam-
mensetzungen an den Profiloberflächen bestimmt werden. Diese Informationen liefern einen ers-
ten Überblick und können z. B. für die Festlegung der Positionen der Materialprobenentnahmen
oder zur Zuordnung der einzelnen Bauteile zu Materialchargen genutzt werden.
Die Emissionsspektroskopie liefert bei Puddelstählen verfälschte Ergebnisse, da bei diesem Ver-
fahren neben dem Stahl die Schlackenzeilen übermäßig stark angeschmolzen werden und die
Analysewerte deren Gehalt an Begleitelementen ebenfalls beinhalten.
Für Stähle nach DIN 17100 (ab 1957) sind bei Kenntnis der genauen Stahlsorte die maßgeblichen
Grenzwerte der chemischen Zusammensetzung sowie die Desoxydationsart bekannt, so dass nur
für spezielle Problemstellungen Materialanalysen erforderlich werden können.
4 Mechanische Eigenschaften
Für die Festlegung charakteristischer Werkstoffkennwerte für Berechnungen ist die Kenntnis der
Altstahlsorte (und der Herstellungszeit) Voraussetzung. Ist die Stahlsorte (z. B. aus den Bestands-
zeichnungen) bekannt, können die charakteristischen Kennwerte aus Tabelle 3 entnommen wer-
den. Diese Tabelle wird im Merkblatt-Entwurf TbVS als Anlage enthalten sein.
Die Werkstoffkennwerte aus Tabelle 3 sind, außer bei Verwendung der Zeile 3, durch Stichproben
zu bestätigen. Dazu werden von der zu untersuchenden Altstahlkonstruktion repräsentative Stahl-
proben genommen und im Zugversuch getestet. Die an den Proben ermittelten Festigkeitskenn-
werte müssen die Werte der Tabelle 3 erreichen.
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3 Flusseisen 1900–1924
Flussstahl 1924 -1957 t ≤ 30 235
335 210.000 81.000
- Baubleche I St37.21 t > 30 215
- Walzprofile St37.12
4 - Baubleche II St42.21 t ≤ 30
270 400 210.000 81.000 Bestätigung an Stich-
- Walzprofile St42.12 t > 30 proben, ansonsten
250 Werte gem. Zeile 3
- Walzprofile St44.12
Für Baustähle, die ab 1957 nach den Gütevorschriften DIN 17100 bzw. DIN EN 10025 hergestellt
wurden, können die gewährleisteten mechanischen Eigenschaften aus diesen Normen als charak-
teristische Materialkennwerte angenommen werden.
Für den DDR-Baustahl St38 nach TGL 7960 dürfen die Werkstoffkennwerte nach Tabelle 3, Zei-
le 3, und für den DDR-Baustahl St52 nach TGL 7960 nach Tabelle 3, Zeile 6, verwendet werden.
Für den ab den 1960er Jahren in der DDR zugelassenen höherfesten Sonderbaustahl (wechseln-
de Bezeichnungen: St45/60; S60/45; 18MnSiTi5; 18MnSiV5 nach TGL 22426) darf die Streckgren-
ze mit fyk= 450 N/mm2 angenommen werden, wenn dieser Wert in Stichproben durch Materialprü-
fungen bestätigt wird. Weitere mechanische Kennwerte sind den zur Herstellungszeit gültigen
TGL-Normen zu entnehmen.
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Nach den Erfahrungen der BAW sind bei den im Stahlwasserbau eingesetzten Flussstählen die
Bruch- und Gleichmaßdehnung im Normallfall unproblematisch. Die Anforderungen an die Min-
destduktilität des Eurocodes 3 können meist eingehalten werden.
Bei der Beurteilung alter Stähle sollte neben der Festlegung von Festigkeitskennwerten auch eine
Bewertung der Sprödbruchsicherheit erfolgen (Kühn et al. 2006) Die im Kerbschlagbiegeversuch
ermittelten Schlagenergien (≙ Kerbschlagarbeit KV) für Flussstähle sind häufig sehr niedrig und
erfüllen die Anforderungen, die nach aktuellem Regelwerk an moderne Stähle gestellt werden,
nicht. Der Merkblatt-Entwurf TbVS sieht für Altstähle eine Sprödbruchbewertung in mehreren Stu-
fen vor:
Die niedrigste Einsatztemperatur des Stahlwasserbauteils spielt bei der Betrachtung der Spröd-
bruchsicherheit eine wesentliche Rolle. Die in DIN EN 1993-1-10/NA, Tabelle NA.A.1, informativ
angegebenen niedrigsten Einsatztemperaturen für Verschlusskörper des Stahlwasserbaus dürfen
an die Randbedingung vor Ort angepasst werden. Detaillierte Informationen dazu werden im Ent-
wurf des Merkblattes TbVS enthalten sein.
5 Probenentnahme
Sind zerstörende Werkstoffprüfungen und metallografische Untersuchungen erforderlich, müssen
aus der zu beurteilenden Stahlkonstruktion Materialproben entnommen werden. Probenanzahl und
Lage der Entnahmestellen müssen im Einzelfall festgelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass
Stahlwasserbauverschlüsse unter Umständen mit unterschiedlichen Stahlsorten hergestellt wur-
den. Bleche und Walzprofile sollten als getrennte Grundgesamtheiten betrachtet werden, da diese
mit hoher Wahrscheinlichkeit aus unterschiedlichen Stahlchargen und ggf. auch aus unterschiedli-
chen Herstellerwerken stammen. Wie bereits im Abschnitt 3 beschrieben, können spektrometri-
schen Vor-Ort-Analysen bei der Festlegung des Entnahmeumfangs, der Entnahmepositionen und
einer eventuellen Chargeneinteilung hilfreich sein.
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Die Lage der entnommenen Proben im Bauteil sollte auf der Probe dauerhaft gekennzeichnet wer-
den. Dadurch sind an den Proben später Rückschlüsse auf die Walzrichtung möglich und die Prüf-
körper für die zerstörende Werkstoffprüfung können entsprechend angeordnet werden.
Alte Korrosionsschutzstoffe sind häufig schadstoffbelastet (u. a. PAK, Asbest). Vor der Entnahme
von Stahlproben, muss geprüft werden, ob die Beschichtung gesundheitsgefährdende Stoffe ent-
hält und welche damit verbundenen Anforderungen bei der Entschichtung der Entnahmestellen zu
berücksichtigen sind.
6 Literaturverzeichnis
Brandes, K. (2008): Eigenschaften alter Eisen und Stähle und ihre adäquate Materialprüfung und
Bewertung. In: Bautechnik 85 (6), S. 394–406. DOI: 10.1002/bate.200810031.
Klöppel, K. (1934): Die neuen Vorschriften für geschweißte Stahlhochbauten (4100). In: Der Stahl-
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