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Marketing-Controlling
mit Data Mining
Data Mining Von der Auswahl der Zielgruppen bis zur Erfolgskontrolle sind
Marketingkampagnen zunehmend datenbankunterstützt. Über Datenanalysen mit
Rücklaufkontrolle können die erfolgversprechenden Kriterien bestimmt und damit verbundene Wirkungsmechanismen aufgezeigt und gemessen werden.
VON JAKOB NEF* UND ROGER DOBLER*
	 Messen allein genügt jedoch
nicht. Pragmatische Ansätze aus
dem Data Mining sind handlungsorientiert und helfen, die
Marketing-Performance hinsichtlich Effizienz und Zielerreichung
zu analysieren. Spitzenleistungen werden Realität.

Marketingreporting integriert. Für
all diese Messgrössen können die
Aktivitäten des Marketings nach
Produkten oder Produktgruppen,
nach Märkten oder Marktsegmenten und heute immer mehr
sogar auf Kundenebene ausgewertet und analysiert werden.

«Voraussetzung für ein kundenorientiertes, auf Höchstleistung getrimmtes
Marketing Controlling ist der konsequente
Einbezug von Data-Mining-Verfahren.»

Netto-Nutzen des Kunden
Klassische Grössen für die Feststellung der Erreichung der Marketingziele sind Bekanntheitsgrad,
Marktanteil resp. Umsatz, Aufwand und Ertrag (Deckungsbeitrag) oder der ROI der Marketingaktivitäten. Hinzu werden immer
mehr Leistungsstandards auf der
Basis von Balanced Scorecards
(z.B. Reklamationen, unzufriedene Kunden, abgewanderte Kunden, Zufriedenheit mit Produkten
und Dienstleistungen usw.) ins
Marketing & Kommunikation 12/07

Im Gegensatz zu einem produkt- oder marktorientierten
Marketing-Controlling, wo in der
Regel lediglich Durchschnittsleistungen ausgewertet werden,
will das kundenorientierte Con-

	 www.az-direct.ch

lue CLTV) wird so zur planerischen Realität. Damit können
Einzelmassnahmen wie z.B. die
Wahrscheinlichkeiten von Abwanderungen berechnet werden. Mit gezielten Gegenmassnahmen kann somit das Ziel,
d.h. die Vorbeugung dieser Abwanderungen, erreicht werden.
Dazu muss man das Reporting
anpassen.

Konsequentes Data-Mining
Voraussetzung für ein kundenorientiertes, auf Höchstleistungen
getrimmtes Marketing-Control-

Retention-Rate
100%

Neukunden ex 2001
Neukunden ex 2002

80%

Neukunden ex 2003

Anteil aktive Kunden

Das Controlling hat seine Ursprünge im Rechnungswesen.
Dies führt dazu, dass heute noch
das Controlling in vielen Unternehmen eine buchhalterische
Ausrichtung hat. Derzeit sind jedoch verstärkt Anstrengungen
erkennbar, das Controlling auch
auf das Marketing auszuweiten
und produkt- und marktspezifische Sichtweisen ins Controlling zu integrieren. In diesem
Sinne sollten Marketingaktivitäten nicht nur geplant und umgesetzt, sondern auch regelmässig auf ihre Effizienz und Effektivität überprüft werden. Dadurch
können Fehlentwicklungen innerhalb des Marketings rechtzeitig erkannt und entsprechende,
korrigierende Massnahmen eingeleitet werden.

trolling gezielt schwache Leistungen eliminieren und Spitzenleistungen feststellen und
konsequent fördern. Damit wird
die Umsetzung des «Best Practice»-Ansatzes aktiv gelebt. Weder Funktionalitäten noch Prozesse stehen bei diesem Ansatz
im Vordergrund, sondern allein
die Wirkungen der Marketingaktivitäten.
Weder Preis noch Qualität
werden überbewertet, sondern
der Netto-Nutzen des Kunden
steht im Mittelpunkt der Marketinganstrengungen. Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich heute
schon beim Budgetierungsprozess, wo immer weniger nach
Produkten und Sparten budgetiert wird, sondern immer häufiger nach Kunden und Kundensegmenten. Der zukünftige Kundenwert (Customer Lifetime Va-

Steuerung des Marketings durch
Controlling und Audits ist schon ein
Thema im Marketing-Klassiker von
Philip Kotler. Im Buch «MarketingManagement» (ISBN 3-8273-72046) widmen Philip Kotler und Friedhelm
Bliemel ein Kapitel dem Thema Marketing-Controlling. Dabei zeigen sie
auf, wie man sich selbst auf Spitzenleistungen im Marketing prüfen kann.
Die Autoren Bauer/Stokburger/Hammerschmidt geben Einblicke in die Instrumente und Methoden zur Optimierung der «Marketing Performance» (ISBN 3-409-12728-3).
Auch für sie ist wesentlich, dass
Marketing messbar ist, Kunden und
Marken bewertet werden, damit so
die Optimierungsprozesse gezielt realisiert werden können.

Neukunden ex 2004

60%

40%

20%

0%

Start

12 Monate

24 Monate

36 Monate

Zeit seit erstem Kauf
Der drastische Rückgang der Haltbarkeit der Kunden im 2003 war der Anlass zur Einführung spezifischer Kundenbindungs-Massnahmen. Die deutlich höheren Haltbarkeitswerte der Neukunden aus 2004 zeigen, dass sich diese Massnahmen unmittelbar und langfristig
positiv ausgewirkt haben.

MARKETING 19
ling ist der konsequente Einbezug von Data Mining-Verfahren
in die Marketing-Prozesse:
Analyse: Bestimmen der Einflussgrössen auf das Verhalten der
Kunden.
Strategie-Entwicklung: Prognose
des zukünftigen Verhaltens einzelner Kundensegmente. Optimierung des Einsatzes der Marketinggelder mit spezifischen
Massnahmen.
Umsetzung: Segmentierung der
Kunden auf Grund der bisherigen Erkenntnisse. Marketingmassnahmen werden daraus abgeleitet und operativ gesteuert.
Reporting (Analyse): Überprüfen
der Resultate, kritisches Überwachen der Einflussgrössen und
Ableitung von korrigierenden
Massnahmen.
Damit erhält Data Mining eine tragende Funktion auch zur
operativen Steuerung der Marketing-Instrumente. Dabei werden
nicht Antworten auf eindimensionale Frage- resp. Problemstellungen gesucht, sondern alle Dimensionen des Marketing-Mix in
Planung, Realisation und Kontrolle analysiert, überwacht und
geregelt:
n 	 die Zielgruppe (der richtige
Kunde),
n 	 das passende Angebot mit
dem korrespondierenden
Preis,
n 	 über das adäquate Kommunikationsmedium,
n 	 im geeigneten Vertriebskanal 	
und
n 	 zum optimalen Zeitpunkt für 	
den Kunden.
Die Zielgruppe ist eine der wesentlichsten Komponenten zur
Erfolgssteuerung und somit auch
für das Marketing-Controlling.
Bei einer Marketingaktion
werden üblicherweise die Wirkung zwischen der Zielgruppe
und der Marketing-Instrumente
analysiert. Dies reduziert sich allerdings oft auf die zugeordneten
Umsätze und Kosten. Im ersten Schritt werden dabei häufig
Durchschnittsgrössen ausgewertet wie die Response-Quote, Cost
per Order, Cost per New Customer oder der durchschnittliche
Bestellwert. Nach Abschluss einer Kampagne sind zusätzlich
noch die Retouren- und NichtZahlerquoten zu berücksichtigen. Bei nicht vertraglich gebundenen Geschäftsbeziehungen ist
zudem auch das Wieder-, bzw.
Folgekaufverhalten entscheidend. Denn neu gewonnene KunMarketing  Kommunikation 12/07

Ergebnisbaum einer CHAID-Analyse
Haushalte CH/d
100

Lebensphase (HH)

Paare 45+

Fam. mit Teens

Singles 60+

Fam. mit Kindern

Paare 45

Singles  60

Alter  25

39

98

86

100

194

104

151

Wohnumfeld

Frei verfügbares Einkommen

übrige

jung/dynamisch

tief

hoch

67

175

35

136

Basierend auf im Voraus definierten Marketingmassnahmen wird eine Prognose des CLTV über z.B. drei Jahre auf Kundenebene
gemacht. Das CHAID-Verfahren teilt im ersten Schritt die Grundgesamtheit mittels der Variablen «Lebensphase» in 7 Subsegmente
mit einem Index des prognostizierten CLTV von 39 bis 194 Indexpunkten. In einem zweiten Schritt werden diese Subsegmente mit
unterschiedlichen, marketing-relevanten Variablen erneut aufgeteilt. So muss nun strategisch entschieden werden, ob bestimmte
Kundensegmente mit einem unterdurchschnittlichen CLTV-Index mit diesen Marketingmassnahmen bearbeitet oder ob dafür Alter­
nativen entwickelt werden sollen.

den erreichen den Break-Even
unter Berücksichtigung der Akquisitionskosten meistens erst
nach mehreren Käufen oder Reaktionen. Wie viel man bei der
Neukundengewinnung in eine bestimmte Zielgruppe investieren darf, wird beispielsweise
durch die Haltbarkeit (RetentionRate) dieses Kundensegmentes
beeinflusst. Die Haltbarkeit sagt

«Die Zielgruppe ist
eine der wesentlichsten Komponenten zur Erfolgssteuerung und
somit auch für das
Marketing-Controlling.»
aus, wie viele Kunden in Prozenten erfolgreich ans Unternehmen gebunden werden können.
Mit Strategien zur Anhebung
der Retention lässt sich fast immer die Effizienz ausgesprochen
stark steigern.

CHAID-Analyse
Auf die Dauer erfolgreiches Marketing basiert auf externen und
internen Höchstleistungen, die
die nachhaltige optimale Aus-

schöpfung des Marktes zum
Ziel haben. Langfristige Maximierung des zu realisierenden
Kundenwertes ist hier die Devise. Voraussetzung dazu ist einerseits ein kundenorientiertes
und durch Kunden ausgelöstes
Handeln, das wirkungsorientiert ist und den Kundennutzen
in den Vordergrund stellt, und
andererseits ein konsequentes
und nachhaltiges Verfolgen der
eigenen wirtschaftlichen Interessen.
Die Zielerreichung kann
mit dem klassischen MarketingControlling mit der Kunden-Deckungsbeitrags-Rechnung überprüft werden. Für den Zielsetzungsprozess ist hingegen die
Prognose des zukünftigen Kundenwertes (Customer Lifetime
Value CLTV) notwendig. Basis
für die Schätzung des CLTVs	
ist eine strukturierte Analyse	
der Einflussgrössen auf das Kundenverhalten. Diese Einflussgrössen können wie folgt gruppiert werden:
	 Daten zur Kontakt- und Angebots-History,
n 	 Informationen über das bisherige Verhalten des Kunden,
n 	 Verhaltensrelevante soziodemografische und psychografische Eigenschaften des Kunden und
n 	 Definitionen der aktuellen
Angebote.
n

Um visuell die Informationsfülle zu minimieren, greift man
gerne auf die CHAID-Analyse
zurück. Mit diesem Verfahren
werden die relevanten Einflussgrössen schrittweise und hierarchisch nach ihrer Wirkung in die
Analyse einbezogen. Damit die
Suche nach Spitzenleistungen
kontrolliert erfolgen kann, wird
die Kunden-DeckungsbeitragsRechnung zu einem Data MiningProjekt mutiert, bei dem die relevanten Variablen kontinuierlich
überwacht werden. Damit unterstützt Data Mining aktiv die Suche nach Spitzenleistungen und
deren nachhaltige Sicherung. n
* Jakob Nef,
CEO, Head of Consumer
Addresses, AZ Direct AG
Rotkreuz/St. Gallen/Crissier
* Roger Dobler,
Team Leader Data Mining
 Geo Marketing, AZ Direct AG
Rotkreuz/St. Gallen/Crissier

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Marketing-Controlling mit Data Mining

  • 1. More Marketing-Controlling mit Data Mining Data Mining Von der Auswahl der Zielgruppen bis zur Erfolgskontrolle sind Marketingkampagnen zunehmend datenbankunterstützt. Über Datenanalysen mit Rücklaufkontrolle können die erfolgversprechenden Kriterien bestimmt und damit verbundene Wirkungsmechanismen aufgezeigt und gemessen werden. VON JAKOB NEF* UND ROGER DOBLER* Messen allein genügt jedoch nicht. Pragmatische Ansätze aus dem Data Mining sind handlungsorientiert und helfen, die Marketing-Performance hinsichtlich Effizienz und Zielerreichung zu analysieren. Spitzenleistungen werden Realität. Marketingreporting integriert. Für all diese Messgrössen können die Aktivitäten des Marketings nach Produkten oder Produktgruppen, nach Märkten oder Marktsegmenten und heute immer mehr sogar auf Kundenebene ausgewertet und analysiert werden. «Voraussetzung für ein kundenorientiertes, auf Höchstleistung getrimmtes Marketing Controlling ist der konsequente Einbezug von Data-Mining-Verfahren.» Netto-Nutzen des Kunden Klassische Grössen für die Feststellung der Erreichung der Marketingziele sind Bekanntheitsgrad, Marktanteil resp. Umsatz, Aufwand und Ertrag (Deckungsbeitrag) oder der ROI der Marketingaktivitäten. Hinzu werden immer mehr Leistungsstandards auf der Basis von Balanced Scorecards (z.B. Reklamationen, unzufriedene Kunden, abgewanderte Kunden, Zufriedenheit mit Produkten und Dienstleistungen usw.) ins Marketing & Kommunikation 12/07 Im Gegensatz zu einem produkt- oder marktorientierten Marketing-Controlling, wo in der Regel lediglich Durchschnittsleistungen ausgewertet werden, will das kundenorientierte Con- www.az-direct.ch lue CLTV) wird so zur planerischen Realität. Damit können Einzelmassnahmen wie z.B. die Wahrscheinlichkeiten von Abwanderungen berechnet werden. Mit gezielten Gegenmassnahmen kann somit das Ziel, d.h. die Vorbeugung dieser Abwanderungen, erreicht werden. Dazu muss man das Reporting anpassen. Konsequentes Data-Mining Voraussetzung für ein kundenorientiertes, auf Höchstleistungen getrimmtes Marketing-Control- Retention-Rate 100% Neukunden ex 2001 Neukunden ex 2002 80% Neukunden ex 2003 Anteil aktive Kunden Das Controlling hat seine Ursprünge im Rechnungswesen. Dies führt dazu, dass heute noch das Controlling in vielen Unternehmen eine buchhalterische Ausrichtung hat. Derzeit sind jedoch verstärkt Anstrengungen erkennbar, das Controlling auch auf das Marketing auszuweiten und produkt- und marktspezifische Sichtweisen ins Controlling zu integrieren. In diesem Sinne sollten Marketingaktivitäten nicht nur geplant und umgesetzt, sondern auch regelmässig auf ihre Effizienz und Effektivität überprüft werden. Dadurch können Fehlentwicklungen innerhalb des Marketings rechtzeitig erkannt und entsprechende, korrigierende Massnahmen eingeleitet werden. trolling gezielt schwache Leistungen eliminieren und Spitzenleistungen feststellen und konsequent fördern. Damit wird die Umsetzung des «Best Practice»-Ansatzes aktiv gelebt. Weder Funktionalitäten noch Prozesse stehen bei diesem Ansatz im Vordergrund, sondern allein die Wirkungen der Marketingaktivitäten. Weder Preis noch Qualität werden überbewertet, sondern der Netto-Nutzen des Kunden steht im Mittelpunkt der Marketinganstrengungen. Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich heute schon beim Budgetierungsprozess, wo immer weniger nach Produkten und Sparten budgetiert wird, sondern immer häufiger nach Kunden und Kundensegmenten. Der zukünftige Kundenwert (Customer Lifetime Va- Steuerung des Marketings durch Controlling und Audits ist schon ein Thema im Marketing-Klassiker von Philip Kotler. Im Buch «MarketingManagement» (ISBN 3-8273-72046) widmen Philip Kotler und Friedhelm Bliemel ein Kapitel dem Thema Marketing-Controlling. Dabei zeigen sie auf, wie man sich selbst auf Spitzenleistungen im Marketing prüfen kann. Die Autoren Bauer/Stokburger/Hammerschmidt geben Einblicke in die Instrumente und Methoden zur Optimierung der «Marketing Performance» (ISBN 3-409-12728-3). Auch für sie ist wesentlich, dass Marketing messbar ist, Kunden und Marken bewertet werden, damit so die Optimierungsprozesse gezielt realisiert werden können. Neukunden ex 2004 60% 40% 20% 0% Start 12 Monate 24 Monate 36 Monate Zeit seit erstem Kauf Der drastische Rückgang der Haltbarkeit der Kunden im 2003 war der Anlass zur Einführung spezifischer Kundenbindungs-Massnahmen. Die deutlich höheren Haltbarkeitswerte der Neukunden aus 2004 zeigen, dass sich diese Massnahmen unmittelbar und langfristig positiv ausgewirkt haben. MARKETING 19
  • 2. ling ist der konsequente Einbezug von Data Mining-Verfahren in die Marketing-Prozesse: Analyse: Bestimmen der Einflussgrössen auf das Verhalten der Kunden. Strategie-Entwicklung: Prognose des zukünftigen Verhaltens einzelner Kundensegmente. Optimierung des Einsatzes der Marketinggelder mit spezifischen Massnahmen. Umsetzung: Segmentierung der Kunden auf Grund der bisherigen Erkenntnisse. Marketingmassnahmen werden daraus abgeleitet und operativ gesteuert. Reporting (Analyse): Überprüfen der Resultate, kritisches Überwachen der Einflussgrössen und Ableitung von korrigierenden Massnahmen. Damit erhält Data Mining eine tragende Funktion auch zur operativen Steuerung der Marketing-Instrumente. Dabei werden nicht Antworten auf eindimensionale Frage- resp. Problemstellungen gesucht, sondern alle Dimensionen des Marketing-Mix in Planung, Realisation und Kontrolle analysiert, überwacht und geregelt: n die Zielgruppe (der richtige Kunde), n das passende Angebot mit dem korrespondierenden Preis, n über das adäquate Kommunikationsmedium, n im geeigneten Vertriebskanal und n zum optimalen Zeitpunkt für den Kunden. Die Zielgruppe ist eine der wesentlichsten Komponenten zur Erfolgssteuerung und somit auch für das Marketing-Controlling. Bei einer Marketingaktion werden üblicherweise die Wirkung zwischen der Zielgruppe und der Marketing-Instrumente analysiert. Dies reduziert sich allerdings oft auf die zugeordneten Umsätze und Kosten. Im ersten Schritt werden dabei häufig Durchschnittsgrössen ausgewertet wie die Response-Quote, Cost per Order, Cost per New Customer oder der durchschnittliche Bestellwert. Nach Abschluss einer Kampagne sind zusätzlich noch die Retouren- und NichtZahlerquoten zu berücksichtigen. Bei nicht vertraglich gebundenen Geschäftsbeziehungen ist zudem auch das Wieder-, bzw. Folgekaufverhalten entscheidend. Denn neu gewonnene KunMarketing Kommunikation 12/07 Ergebnisbaum einer CHAID-Analyse Haushalte CH/d 100 Lebensphase (HH) Paare 45+ Fam. mit Teens Singles 60+ Fam. mit Kindern Paare 45 Singles 60 Alter 25 39 98 86 100 194 104 151 Wohnumfeld Frei verfügbares Einkommen übrige jung/dynamisch tief hoch 67 175 35 136 Basierend auf im Voraus definierten Marketingmassnahmen wird eine Prognose des CLTV über z.B. drei Jahre auf Kundenebene gemacht. Das CHAID-Verfahren teilt im ersten Schritt die Grundgesamtheit mittels der Variablen «Lebensphase» in 7 Subsegmente mit einem Index des prognostizierten CLTV von 39 bis 194 Indexpunkten. In einem zweiten Schritt werden diese Subsegmente mit unterschiedlichen, marketing-relevanten Variablen erneut aufgeteilt. So muss nun strategisch entschieden werden, ob bestimmte Kundensegmente mit einem unterdurchschnittlichen CLTV-Index mit diesen Marketingmassnahmen bearbeitet oder ob dafür Alter­ nativen entwickelt werden sollen. den erreichen den Break-Even unter Berücksichtigung der Akquisitionskosten meistens erst nach mehreren Käufen oder Reaktionen. Wie viel man bei der Neukundengewinnung in eine bestimmte Zielgruppe investieren darf, wird beispielsweise durch die Haltbarkeit (RetentionRate) dieses Kundensegmentes beeinflusst. Die Haltbarkeit sagt «Die Zielgruppe ist eine der wesentlichsten Komponenten zur Erfolgssteuerung und somit auch für das Marketing-Controlling.» aus, wie viele Kunden in Prozenten erfolgreich ans Unternehmen gebunden werden können. Mit Strategien zur Anhebung der Retention lässt sich fast immer die Effizienz ausgesprochen stark steigern. CHAID-Analyse Auf die Dauer erfolgreiches Marketing basiert auf externen und internen Höchstleistungen, die die nachhaltige optimale Aus- schöpfung des Marktes zum Ziel haben. Langfristige Maximierung des zu realisierenden Kundenwertes ist hier die Devise. Voraussetzung dazu ist einerseits ein kundenorientiertes und durch Kunden ausgelöstes Handeln, das wirkungsorientiert ist und den Kundennutzen in den Vordergrund stellt, und andererseits ein konsequentes und nachhaltiges Verfolgen der eigenen wirtschaftlichen Interessen. Die Zielerreichung kann mit dem klassischen MarketingControlling mit der Kunden-Deckungsbeitrags-Rechnung überprüft werden. Für den Zielsetzungsprozess ist hingegen die Prognose des zukünftigen Kundenwertes (Customer Lifetime Value CLTV) notwendig. Basis für die Schätzung des CLTVs ist eine strukturierte Analyse der Einflussgrössen auf das Kundenverhalten. Diese Einflussgrössen können wie folgt gruppiert werden: Daten zur Kontakt- und Angebots-History, n Informationen über das bisherige Verhalten des Kunden, n Verhaltensrelevante soziodemografische und psychografische Eigenschaften des Kunden und n Definitionen der aktuellen Angebote. n Um visuell die Informationsfülle zu minimieren, greift man gerne auf die CHAID-Analyse zurück. Mit diesem Verfahren werden die relevanten Einflussgrössen schrittweise und hierarchisch nach ihrer Wirkung in die Analyse einbezogen. Damit die Suche nach Spitzenleistungen kontrolliert erfolgen kann, wird die Kunden-DeckungsbeitragsRechnung zu einem Data MiningProjekt mutiert, bei dem die relevanten Variablen kontinuierlich überwacht werden. Damit unterstützt Data Mining aktiv die Suche nach Spitzenleistungen und deren nachhaltige Sicherung. n * Jakob Nef, CEO, Head of Consumer Addresses, AZ Direct AG Rotkreuz/St. Gallen/Crissier * Roger Dobler, Team Leader Data Mining Geo Marketing, AZ Direct AG Rotkreuz/St. Gallen/Crissier Anzeige WIPEX MARKETING 21